26.06.2011

Tribe After Tribe - White Boys In The Jungle - I


Lange geplant, nun endlich sowas ähnliches wie Realität: ein Blogeintrag über Robbi Robb und seine Formation Tribe After Tribe. Hurra!

Ich vermute, was mich bisher abschreckte, das Thema in der gebotenen Ausführlichkeit zu behandeln, war der Umfang der Lebensgeschichte Robbs. Einerseits will ich nur ungern mit seitenlangen Ausführungen langweilen, andererseits verlangt eine Auseinandersetzung mit einem solchen Mann und seiner Musik eben Zeit und außerdem ein paar Textzeilen mehr. Aber es hilft ja nix, packen wir's an.

Robbi Robb wächst im ehemaligen südafrikanischen Apartheidstaat unter ausgesprochen schwierigen Bedingungen auf. Sein Vater verlässt die Familie, als Robb gerade mal vier Jahre alt ist. Nach einer Odyssee durch Internate und Kinderheime lebt er für zwei Jahre bei seinem Vater im Rassisten-Bezirk Orange Free State. Mit zunehmender Verwahrlosung kümmert sich fortan wieder seine Mutter um ihn und unterrichtet ihn in Mythologie, Literatur und Kunst. Sie war es auch, die ihm später zum ersten Mal Led Zeppelin und Janis Joplin vorspielen sollte.

Robb reißt mit 14 Jahren zum ersten Mal von zu Hause aus und versucht die Grenze zu Mosambik zu überqueren - wo er in den Bergen von einem Stammeshäuptling aufgegriffen wird, bevor er als Mittagessen für die zahlreichen Raubtiere endet. Anschließend wandert er dann auch erstmals ins Gefängnis. Mit 17 Jahren will Robb die Straße kennenlernen und landet auf seinen Reisen bei einer Hippie-Kommune. In späteren Interviews erwähnt Robb immer wieder Neil Agget, einen Gewerkschafts- und Arbeiterführer, der ihm in Politik unterrichtete, ihm die südafrikanischen Verhältnisse erläuterte und dessen Erfahrung und Spiritualität großen Einfluss auf Robbs Leben haben sollten. Robbs spätere Karriere als Agitator fand zu jenen Zeiten ihren Anfang:"Das war der Grund, warum ich auf der Bühne und in den Songtexten die Wahrheit hinausgetragen habe." Und weiter:"Agget war der erste Weiße, den die Polizei im Gefängnis ermordete."

In Soweto, einer für Weiße eigentlich verbotenen Zone, spielt er in einer schwarzen Jazzband und entwickelt damit ein Gespür für das Elend der schwarzen Bevölkerung. Robbs erste eigene Band nennt sich Asylum Kids, eine Punkformation, auf deren Konto eine der ersten Indieveröffentlichung Südafrikas überhaupt geht. Robb:"Eine sehr, sehr, sehr gute Band. Ich war ziemlich abgefuckt zu jener Zeit und ich erkannte damals nicht, wie gut diese Band wirklich war. Bis ich eines Tages, zehn Jahre nachdem sich die Asylum Kids aufgelöst hatten, ein Video von uns sah. Und eines konnte ich an dieser Musik nicht begreifen: die Komplexität der Arrangements. Ich meine, wir waren eine Punkband, aber wir hatten soviele Songparts. Das ist normalerweie etwas, was mir bei Led Zeppelin einfällt..."Wow, soviele Parts!"...ich weiß nicht, wie wir das damals machten." "Schoolboy" heißt die Debutsingle, die im Radio verboten wird. Aber da ist es schon zu spät: "Schoolboy" hat sich da schon lange zum Protestsong der Unterdrückten entwickelt. Ein Konzert der Band vor 35.000 Leuten (!) wird von der Polizei nebst einer schönen Hundestaffel (!!) gestürmt. Robb versteckt sich zunächst im Drumriser, wechselt später bei einem Freund die Klamotten und kann entkommen.

In Swasiland hören Robb und sein Asylum Kids-Gefährte Robbie Whitelaw nachts die zeremoniellen Trommelrythmen aus dem Dschungel. Die beiden nehmen Kontakt mit den Eingeborenen auf und gründen wenig später Tribe After Tribe.

Die EMI nimmt die Band trotz (oder gerade wegen) ihres Protest-Images unter Vertrag und veröffentlichen im Jahr 1985 das Album "Power", das zum damaligen Zeitpunkt noch von britischen Wavesounds inspiriert ist. In Südafrika avanciert das Album zu einem nationalen Hit. Es folgen Benezifshows für Minenarbeiter, Kriegdienstverweigerer und Polizeiopfer - was den Behörden logischerweise so gar nicht gefällt. Tribe After Tribe sehen sich zunehmend einer organisierten politischen Verfolgung ausgesetzt. Radiostationen werden auf der Suche nach Beweismitteln durchsucht, die Band wird im Wald von der Geheimpolizei zusammengeschlagen ("als letzte Warnung" - Robb), ihr Schlagzeuger wird festgenommen und erhängt sich angeblich in seiner Zelle, ein Freund der Band wird von der Polizei erschossen. Robb sagte später, die übrigen Mitglieder hatten die Sorge, dass sie die nächsten Gefangenen oder gar die nächsten Toten sein könnten, zumal ein Gesetz erlassen wurde, das subversive Künstler ins Gefängnis bringen konnte:"Den Namen Mandela öffentlich auszusprechen war verboten. Ich habe mich vor 10.000 Leuten auf die Bühne gestellt und vom "großen Löwen" gesprochen - jeder wusste, wer gemeint war. Ein anderes Mal habe ich vor 120.000 Menschen den traurigsten Song überhaupt angekündigt - und die südafrikanische Nationalhymne gespielt. Man legte mir dann nahe, schleunigst zu verschwinden."

1986 wird die Band mit Hilfe der EMI und Menschenrechtsorganisationen ausgeflogen und beantragt in Los Angeles politisches Asyl.

Und hier beginnt sozusagen die "offizielle" Karriere Tribe After Tribes. Megaforce-Labelgründer Jonny Zazula nimmt die Band unter Vertrag und veröffentlicht 1991 das erste internationale Album der Band.

Das und noch mehr - im zweiten Teil.

Keine Kommentare: