Posts mit dem Label trip hop werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label trip hop werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

13.09.2025

My Nineties Were Better Than Your Nineties - #181: Laika - Sounds Of The Satellites




LAIKA - SOUNDS OF THE SATELLITES


"Heinzibert Fassplunder" (Harald Schmidt)



"Eigentlich wie Trip-Hop, nur viel, viel schneller" sagte Laika Gründungsmitglied und Sängerin Margaret Fiedler mal, als Sie nach einer Einschätzung der Musik ihrer Band Laika gefragt wurde. Ich könnte außerdem noch hinzufügen, dass die rhythmisch anspruchsvollen und auf ungeraden Takten aufgebauten Kompositionen, die außerweltlichen Soundbubbles, die durch den Klangraum transzendieren und das stoische Element ihres Sounds in der Kombination auch irgendeinen mysteriösen, weil höchstens in feinsten Nuancen wahrnehmbaren, verwischten Postpunk-Klecks mitschleifen - und auch wenn es wirklich so gar nix mit "Sounds Of The Satellites" zu tun hat, hat Fiedler bei der 2008er Tournee von Wire übrigens die Gitarre gespielt; wo wir halt gerade bei Postpunk waren, ähem. Wie verwirrend das alles wirklich ist, zeigt sich unter anderem auch daran, dass ich hier und jetzt auch problemlos etwas von einem "Funk-Drive" schreiben könnte, ohne dafür ins Kittchen für unbegabte Musikblogger gesperrt zu werden. Ich würde einfach "Bedbugs" abspielen und triumphierend in Dein verdutztes Gesicht schauen. Ha!

Laika zählten in den neunziger Jahren zum Besten, was das Vereinigte Königreich abseits des Britpop-Hypes musikalisch zu bieten hatte. Zum Besten - und zum Kreativsten. Die Bandgründer Guy Fixsen und Margaret Fiedler, gemeinsam mit Flötistin/Saxofonistin Louise Elliott und Schlagzeuger Lou Ciccotelli, später sogar mit Rob Ellis (PJ Harey) als zweiten Schlagzeuger, gestalteten ihren Sound zu gleichen Teilen experimentell-elektronisch - was wetten wir, dass Radiohead vor der Produktion von "Kid A" nachts zum Einschlafen "Poor Gal" gehört haben?! - und harmonisch, warm, zugänglich. Eine in gedimmtes, warmes Licht getauchte Dream Pop-Atmosphäre, in der vor allem die Stimme von Margaret ein diffuses Gefühl von Beistand liefert, das parallel in den unteren Schichten sogleich von einer intellektuellen Distanziertheit gebrochen wird. Eine elektronische Version von Tortoise spielt Songs von den Cocteau Twins, vielleicht?! Man weiß eigentlich nie so genau, woran man bei "Sounds Of The Satellites" ist, aber ich würde alles daran setzen, dieser Platte mein Herz auszuschütten.

Für die überzeugt melancholisch gefärbten Momente des Lebens. 


P.S.: Die Band benannte sich nach der Hündin, die als erstes Lebewesen von Menschen ins Weltall befördert wurde und gestaltete auch ihre Albumcover mit entsprechenden Verweisen. Wer die Geschichte nicht kennt und gleichzeitig den Impuls verspürt, sich mal so richtig schön traurig zu fühlen, liest hier weiter


Vinyl und so: Es sind leider keine Reissues der Laika-Alben in Sicht. Kopien der Originalpressung von "Sounds Of The Satellites" werden aktuell ab ca. 80 Euro gehandelt. CDs gibt es in Europa zwischen 10 und 15 Euro. 







Erschienen auf Too Pure, 1997.

11.04.2025

Sonst noch was, 2024?! (3): Soela - Dark Portrait




SOELA - DARK PORTRAIT


“Consensus Programming is dangerous to your health. The brainwashed do not know they are being brainwashed.” (Wendy O'Williams)



Es lebt etwas ungemein Anziehendes in dieser Musik. In den vergangenen vier Monaten kam mir keine andere Platte so oft auf den Plattenspieler wie "Dark Portrait" und es hatte bisweilen den Anschein, als könne die Platte zunächst mein Innenleben scannen und anschließend die aufgenommenen Schwingungen ganz selbstverständlich in genau die Töne umwandeln, die mein System gerade benötigte. Du findest diese Platte nicht, sie findet Dich. 

Und das tut sie mit Präzision. Was umso erstaunlicher ist, denn hier ist zunächst mal fast alles Vibe, alles Schwebung. In die Aura getupft, hintergründig, in sich versunken. Vernebelte Zeitlupensounds im Teilchenbeschleuniger. Bereits im somnabulen Eröffnungsstück "Unsuitable" wird mit dem Kontrast zwischen kargen Trip Hop-Reflexen in Verbindung mit dem Selbstzweifel in Text und Stimme erstmals die Indifferenz deutlich, die sich durch das gesamte Album zieht. "I was just trying to accept that I'm not a good person towards everyone all the time" sagt Soela im Interview mit Bruce Tantum (DJ Mag). "I'm somtimes not even a good person to myself." 

Und selbst die lebhaften Momente wie in "Through The Windows" oder die Kollaboration mit Dial-Gründer Lawrence in "February Is Not Going To Be Forever", in denen die Beats mehr Raum einnehmen und die Energie in Richtung Tanzfläche ziehen, sind niemals gerade, sondern stets gebrochen vom emotionalen Treibholz, sie halten inne und schauen sich um. Alles geht nach innen - und über jene Einkehr werden die Brücken zum sinistren Grundrauschen gebaut, das ständig in uns allen zu hören ist. Wir spüren, dass wir uns fallen lassen können in diesen tiefen, melancholischen Strudel. Mit Grundvertrauen. 

"Dark Portrait" ist der elegische Blick über nächtliches Großstadtgeflacker und gleichzeitig mystischer Ambientnebel auf einer Waldlichtung. Der Soundtrack für die schier endlose Suche nach dem innersten Kern des Lebens. Wer wir waren - und wer wir sind. Und, vielleicht noch wichtiger, wer wir sein wollen.


 


Erschienen auf Scissor & Thread, 2024. 



Über Soelas Albumdebut "Genuine Silk" berichteten wir bereits HIER.