17.09.2016

Tout Nouveau Tout Beau (18) - Schwanzrock Revisited



CYCLE SLUTS FROM HELL - CYCLE SLUTS FROM HELL


Die Cycle Sluts From Hell aus New York erhielten zu Beginn der neunziger Jahre sogar über die Grenzen ihrer Heimatstadt New York hinaus eine gewisse Aufmerksamkeit. Zum einen ging man mit Motörhead auf große Europatournee, zum anderen schloss sich der frisch bei Overkill ausgestiegene Bobby Gustafson der Frauenband an. Und weil die Cycle Sluts durch unzählige Konzerte im Großraum New York sich bereits ein großes Following erspielt hatten, wurde mit der Epic gar ein Majorlabel auf die Truppe aufmerksam - was nebenbei die Videosingle "I Wish You Were A Beer" mit entsprechender Heavy Rotation auf MTV zum kleinen Gassenhauer machte. Vielleicht war die Band mit Künstlernamen wie Venus Penis Crusher und Honey 1%er und Texten wie im erwähnten "I Wish You Were A Beer" oder "By The Balls" die erste richtige feministische Metalband. Als Begleitmusiker spielten übrigens mit Scott Duboys und Chris Moffett zwei Typen bei den Cycle Sluts, die später Warrior Soul in deren "Space Age Playboys"-Phase am Schlagzeug und an der Gitarre unterstützen sollten. Musikalisch ist das leider einzige Album der Cycle Sluts From Hell eine solide, punkige, straighte und teils rotzige Heavy Metal Platte. Macht Bock.




Erschienen auf Epic Records, 1990.








DOKKEN - UNDER LOCK AND KEY


Für viele das kompletteste und beste Dokken-Album aus einer ganzen Reihe starker Werke aus den 1980er Jahren und tatsächlich: "Under Lock And Key" ist bestes Hardrockfutter und selbst heute ist das Songwriting, ignoriert man die dezente Staubschicht, die bei solcher Musik eben auch dann anfällt, wenn man den Plattenschrank täglich aussaugt und abstaubt, in Sachen Dynamik und Melodik immer noch state of the art und ganz bestimmt auf einer Stufe mit den besten Alben der Konkurrenten von damals. Dabei macht es Sinn, die Spreu vom Weizen zu trennen. Dokken hatten alleine wegen des Spiels von Gitarrenheld George Lynch, ähnlich wie beispielsweise Mark Kendall bei Great White, einen bluesigeren Ansatz und waren ganz besonders exzellent darin, starke Hooklines mit einem relaxten Sonnenuntergansdrive zu verbinden. Dokken waren nicht überdreht wie Poison oder Mötley Crüe, die die zumindest am Beginn der Karriere fehlende musikalische Substanz mit allerlei Schabernack auf und abseits der Bühne kompensieren mussten. Die Kehrseite der Medaille ist in diesem Zusammenhang eine dezent wahrzunehmende Spießigkeit der Band, aber 31 Jahre später bleibt eigentlich nur die herausragende Qualität dieser Songs übrig. Und apropos Great White: deren Genie Michael Lardie war am Mix von "Under Lock And Key" beteiligt und es ist daher auch nur ein bisschen seltsam, dass "The Hunter" ziemlich exakt nach Great White klingt. 




Erschienen auf Elektra, 1985.







L.A. GUNS - L.A. GUNS



Wenn die Sonne tief steht, werfen auch Zwerge lange Schatten - das Debutalbum der L.A. Guns ist eigentlich keine große Sache: ein knappes Dutzend drei- bis vierminütige Hardrocksongs von der Stange, guter Drive, leicht rebellisch angehaucht. Eine jener Platten, wie sie zur damaligen Zeit an den Bäumen wuchsen. Angesichts der heutigen Ödnis im klassischen Hardrock, der Peinlichkeit von Ganzkörpervollidioten wie Steel Panther, Airbourne oder fucking Volbeat, erscheint "L.A. Guns" indes als beinahe lebensnotwendiges Gegengift. Dabei hatten die Jungs damals auch nicht mehr alle Latten am Zaun (und damit waren sie ganz sicher nicht alleine), bei Texten wie "Sex Action" windet sich der halbwegs mit wachem Geist ausgestattete Mensch gar vor schlimmen Schmerzen, trotzdem hat das alles viel mehr Charme als der heutige - Pardon! - Scheißdreck, und mit dreißig Jahren Abstand außerdem ein angemessenes Augenzwinkern. Ich hatte die Truppe um Tracii Guns schon im letzten Jahr wegen ihres "Hollywood Vampires" Albums in höchsten Tönen gelobt und bin versucht, es für das Debut schon wieder zu tun. Ich laufe hier wirklich nicht vor Begeisterung die Wände hoch, aber mit ein paar Gläsern Gin Tonic lässt sich ein Sommerabend mit der Platte ganz prima bestreiten. Again: no small mercies these days.

Am Wegesrande: ich habe die US-amerikanische Pressung auf ziemlich dünnem Labbervinyl und die klingt immer noch drölf Mal besser als so mancher 180g Repress aus 2016. Ich wollt's nur mal gesagt haben.




Erschienen auf Vertigo, 1988.



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