01 Grace Jones - Corporate Cannibal
"I don't want to say much more but - Grace Jones is in the house." Ein taufrisches Comeback nach über 20 Jahren, das die mittlerweile 60-jährige gebürtige Jamaikanerin in einem aufgerissenen Leopardenschlund feiert. "Corporate Cannibal" ist eine Sensation, ein angedubbter TripRockHopPop-Wahnsinn, sexy...geradewegs tödlich sexy. "I'll consume my consumers." Mami, ich hab' Angst!
02 Bullion - Get Familiar
Reichlich irreführend von einigen Tölpeln in die Portishead-Ecke gesteckt waren Bullion ein bisschen der 2008er Underground-Hit aus England: die Single zu "Get Familiar" war nach wenigen Tagen ratzeputz ausverkauft, und Gilles Peterson nahm den Song auf die dritte Ausgabe seiner Brownswood Bubblers-Zusammenstellung. Etwas verspulte Beats in leicht psychedelische Tinte getaucht, dazu Flying Lotus Marihuana in der Blutbahn. Zwei Minuten und achtundvierzig Sekunden Kopfnicken.
03 Weezer - Pork & Beans
I hate fuckin' Weezer. Vielleicht die schlimmste Band der Welt. Ich fand die übrigens schon immer unsagbar schlimm. Und jetzt ist "Pork & Beans" so großartig, dass ich mir tatsächlich die Blöße gebe, das auch noch zuzugeben. "Die Bette Davis is' ja aach tot." Gna.
04 Stacy Epps - Floatin'
Ein aufgehender Stern am Soul und RnB-Himmel: Stacy Epps aus Atlanta hat 2008 mit "The Awakening" ein sehr spirituelles Debut veröffentlicht. Auch wenn mir die Platte insgesamt noch etwas unausgegoren erscheint, ist "Floatin'" ein rollendes Hip-Hop-Soulmonster mit einer prachtvollen Sonnenstimme, die das ganz bestimmte Funkeln, diesen kleinen, besonderen Kniff transportiert, der immer und überall aufhorchen lässt.
05 Four Tet - Ringer
Krautrock meets Elektrogefummel, und wer sonst wenn nicht Kieran Hebden wäre der passende Mann dafür? Der Aufbau des Titelstücks von Four Tets aktuellem Album sprengt mich aus meinem Sakko und reißt mir das geliebte rosafarbene Polohemd gleich mit von der Brust: acht Minuten klöppeln Sample-Fruchtzwerge einen Loop nach dem anderen zurecht, bevor ein kurzer Beatausbruch die Leitplanke an der A66 bedrohlich näher rücken lässt. Wenn schon Tinnitus, dann damit.
06 Henrik Schwarz And Amampondo - I Exist Because Of You
Zehn Minuten Groove und Extase von einer Hälfte des DJ-Duos Tiefschwarz zusammen mit der südafrikanischen Percussiontruppe Amampondo, die neben den Marimba und Djembe-Tribalgrooves außerdem noch die Vocals beisteuern. Ein überraschend behutsamer Aufbau, aber der Track läuft und läuft und läuft und läuft...solange die Füße (und die Europalette Red Bull) tragen. Sehr erfrischend und seeeehr mitreißend.
07 Warrior Soul - The Fourth Reich
Die nicht für möglich gehaltene Wiederauferstehung einer Legende. Trifft genau meinen Rocknerv: ein schweres, psychedelisches Megariff, eine Scheißwut in Kory Clarkes Stimme, ein Text, der für heutige Verhältnisse womöglich eine Spur zu kindisch oder meinetwegen naiv ist, aber mir aus allen verfügbaren Seelen schreit. Ich bin ja nicht ohne Grund noch mittendrin, in der Pubertät.
08 Vladislav Delay - Recovery Idea
Selbst einer wie ich, der von Tuten und Blasen keine Ahnung hat, merkt nach wenigen Sekunden, wer hier am Werk ist: Vladislav Delay, der mit "Whistleblower" das Album des Jahres 2007 veröffentlichte, haut seine Soundblitze und seine reißenden Schrammen über einen flockigen Beat und flechtet noch seine bekannten Synthieflächen nebst sanften Melodietupfern ins Gestrüpp.
09 The Bronx - Minutes In Night
Mich hat das dritte Album der Punkrocker aus Los Angeles überraschenderweise nicht so hart gekickt wie die beiden Vorgänger (wobei: "II" brauchte auch einige Zeit, um sich zu entfalten), aber trotz des etwas müden Schleiers, der über "III" bisweilen liegen mag, hat das Quintett einige wunderbare Brecher aufgenommen. "Minutes in Night" ist einer davon. Ein übergroßer Refrain, ein großartiges, an "Rape Zombie" erinnerndes Gitarrenriff und dieser berüchtigte Schuss The Bronx-Wahnsinn in der Stimme.
10 Tribute To Nothing - Day In Day Out
Kumpel Olli legte mir die Scheibe der Briten mit den Worten "Wie Hot Water Music, nur besser" wärmstens ans Herz und ich fackelte nicht lange: mit Punkrock kann man nur ganz selten etwas falsch machen. Ich habe es nicht bereut und das liegt in erster Linie an diesem kleinen Songjuwel: "Day In Day Out" ist tatsächlich angenehm angerauhter und souveräner Punkrock, der zwar weder besonders heavy noch übermäßig aufsehenserregend ist, in besagtem Track aber all die Komponenten auffährt, die auch nach fünfzigfacher Behandlung noch immer für eine schöne Gänsehaut sorgen. Eine leidenschaftliche Stimme, die das angespannte und bebende Zittern nicht verbergen kann und will und ein Text, der mich vor meinem geistigen Auge schon wieder mit erhobener Faust vor dem Wasserwerfer stehen lässt. Blutdruck is rising.