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16.03.2024

Best of 2023 ° Platz 10: Max Würden - Landmark




MAX WÜRDEN - LANDMARK


"Musik kann – vor allem, wenn sie ein bisschen spirituell ist – eine gute Verbindung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und dem, was noch kommt, sein. Weil sie ein starker Erinnerungsträger ist." (Dirk von Lowtzow)


"Landmark" ist das symbolreichste Ambientalbum des Jahres, eine Unterrichtsstunde in Storytelling, das Leben in der Breitwand, der Puls an der Goldader. Einerseits bis ans Ende der Welt mit spielerischer Kreativität aufgeladen, andererseits so streng auf Kurs, dass keine Millisekunde zufällig erscheint; jeder Kratzer, jedes Schnarren, jeder hingetupfte Herzschlag hat Bedeutung - selbst die, die aus Zeit und Raum fallen. Unbemerkt. Das ist vielleicht die Hürde, die es zu nehmen gilt: den Versuchungen zu widerstehen, hier nicht mit ungeteilter Aufmerksamkeit bei der Sache zu sein. "Landmark" fordert sie nämlich ein, die Vergegenwärtigung - und es kann recht ungnädig werden, wenn nebenher im, sagen wir: Nagelstudio das "Schwarzbuch Kapitalismus" studiert wird. 

Das zweite Album des Kölner Produzenten für A Strangely Isolated Place ist, wie schon "Format" aus dem Jahr 2019, nicht mit einem Handstreich gehört und erfasst. "Format" empfand ich zunächst als experimentell-ruppig und zerrissen, es fiel mir schwer, eine Verbindung, einen Anker zu finden. Erst die weitere Auseinandersetzung glättete den verstrubbelten ersten Eindruck und öffnete schlussendlich die ehemals noch verschlossenen Türen. Max Würden macht keine Musik für Jederfrau und Jedermann, und ich weiß, dass mit solchen Sätzen vorsichtig umgegangen werden muss - als schwierig zu gelten, ist schwierig und im aktuellen Klima des watteweichen Schönklangs wird's damit nicht leichter. Wer sich indes auf seine Musik einlässt, wird reich belohnt. 

Dabei macht "Landmark" es in meiner Wahrnehmung einfacher, schneller die richtigen Schlüssel für die richtigen Schlösser zu finden - und das gelingt in erster Linie über die sich durch den Klang ausbreitende Aura des Albums. Es leuchtet. In Gold. Und es taucht den Raum, den es bewohnt, in das Licht der Ewigkeit und der Unendlichkeit. Der erste Verbindungsaufbau geschieht damit ganz unmittelbar, weil sich die Frequenzen gegenseitig sofort für- und aufeinander ausrichten. "Landmark" entwickelt ab diesem Punkt eine außergewöhnliche Eleganz in der Beobachtung und Darstellung, weil es sich so geschmeidig zwischen den Perspektiven bewegt und es plötzlich keine Rolle mehr spielt, an welchem Punkt wir in seine Realität eintauchen. 

Wir sehen, wir hören, wir fühlen. In Echtzeit. Das ist die Meisterklasse. 


   



Erschienen auf A Strangely Isolated Place, 2023.