04.02.2012

2011 #5 - Grace Jones °° Hurricane Dub


Ein Remixalbum in den Jahrescharts, sind wir soweit? - Wir sind soweit, sonst würde ich ja kein Remixalbum in die Jahrescharts aufnehmen. 'kay? 'kay!

Nach langem Zögern traute ich mich nun final im Oktober des abgelaufenen Jahres an ein paar Sätze zum drei Jahre zuvor in Europa erschienenen "Hurricane"-Comebackalbum von Grace Jones. Wir müssen das dort zur Person und Musik und Geschichte verschwurbelte "Schisselaweng" (Mama) nun nicht zwangsläufig wiederkäuen, zumal es uns für diese Remixplatte sowieso nur bedingt weiterhelfen würde.

Die Amerikaner mussten länger als die Europäer auf "Hurricane" warten, das in den USA mit dreijähriger Verspätung erst im September 2011 erschien. Damit das Album auch im Rest der Welt nochmal einen kleinen Aufmerksamkeitsschub erhalten konnte, packte Die_Jones parallel das von Produzent Ivor Guest zusammengepuzzelte "Hurricane Dub" Remixalbum für den Rest der Welt aus - dieses Mal dankenswerterweise auf Doppelvinyl, im Klappcover und mit einem tollen Artwork reich beschenkt.
Die Vinylnerds hofften schon 2008 auf eine offizielle "Hurricane" Schallplatte, wurden zunächst über Monate hingehalten - und dann doch enttäuscht. Okay, zugegeben...es gab da diese ominöse, auf 500 Stück limitierte Vinylpressung. In diesem Zusammenhang: hat jemand 300 britische Pfund über?

Auch die Dub-Scheibe beginnt, wie die Originalfassung, mit den bereits legendären Worten "This is my voice, my weapon of choice" - ein Motto, das wenigstens wörtlich als eine der wenigen Bezugspunkte geblieben ist. Ivor Guest hat ansonsten fast keinen Stein mehr auf dem anderen stehen lassen. Die ursprünglichen Versionen sind nur noch durch wenige im Dickicht existente, neuralgische Punkte zu erkennen. Kleine Widerhaken wie die gesprochene Zeile "I consume my consumers" aus dem Hit "Corporate Cannibal", oder winzige Teile aus dem nachwievor umwerfend gesungenen Titeltrack erscheinen vertraut, darüber hinaus knüpft Guest eine subterrane Beat-Hecke mit Dornen und Rosen, die jedes vormals bekannte Element beim Passieren derart auseianderfetzt, das manchmal außer einem tiefen Bassdunst nur noch wenig mehr als ebenjener überbleibt. Damit wir uns dennoch nicht falsch verstehen: "Hurricane Dub" ist kein Nerd-Album für Soundfetischisten. Also, nicht nur. Vor allem der Bass, der seinen Ursprung kurz vor dem Erdkern haben muss, pumpt und zerrt derart beeindruckend mächtig, dass ich beim Gedanken an eine Nacht im Club mit diesen Monstern vereinzelte Euphorieflatulenzen bekomme. Aber Guest bietet viel mehr als die offensichtliche Fleischbeschau; ihm ist es trotz aller Abstraktion und Dekonstruktion einerseits und dem gepimpten, urbanen und modernen Sound gelungen, die dunkle Pop-Aura Grace Jones' in seiner Nachbearbeitung nicht aus den Augen zu verlieren, sondern die ihr innewohnende Mystik und Dramatik und das androgyne Element noch zu verstärken.

Das nennt man dann wohl maßgeschneidert.

Erschienen auf Wall Of Sound, 2011.

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