08.11.2009

Verstaubt und Liegengelassen - Die Nachlese



Es ist immer dasselbe: man blickt zurück, schaut sich die endgültige Auswahl nochmal an und ist umgehend am Hadern. Wäre es nicht besser gewesen, vielleicht doch diese eine Wrath-Scheibe zu erwähnen? Was ist mit der ersten Indestroy, was mit den megaobskuren Haunted Garage, was mit dem Debut der räudigen Kanadier von D.B.C.? Oftmals sind eben nur Nuancen zwischen Platz 10 und Platz 11 zu erkennen, die den Ausschlag für die Top Ten-Platzierung geben. Ich hoffe dennoch, die letztendlich richtigen Entscheidungen getroffen zu haben. Vielleicht hat der ein oder andere meiner Leser ja einen unentdeckten Schatz bergen können. 

Ein weiterer Stolperstein waren Platten bekannterer Combos, die aber in der Bewertung der Bands keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielten, die streng genommen eben auch "Verstaubt & Liegengelassen" sind. Bestes Beispiel: das Debut der Bay Area-Legende Vio-Lence. Vio-Lence sind in erster Linie wegen ihres Gitarristen Robb Flynn bekannt, der später Machine Head gründete, an zweiter Stelle steht das Major-Debut "Oppressing The Masses", das 1990 einige Aufmerksamkeit erhielt. Nur wenige kennen jedoch "Eternal Nightmare", das erste Album der Band aus den Jahr 1988, das zweifellos zu den zehn besten Thrashplatten aller Zeit zählt, ein regelrechter Orkan von einem Album. Wäre das hier nicht ein angemessener Platz gewesen, um darauf hin zu weisen? Ich entschied mich am Ende dagegen, aber vielleicht ergibt sich in der Zukunft nochmal die Gelegenheit, dieses Album zu besprechen.

Falls sich darüber hinaus jemand über die Fokussierung auf die Jahre 1990-1992 gewundert haben sollte: die Skepsis ist auf den ersten Blick durchaus legitim. Besonders vor dem Hintergrund, dass Anfang der Neunziger der Stern des Thrash Metal langsam aber sicher zu sinken begann - nicht zuletzt durch die Machtübernahme des Death Metal. Und wenn man schon von Old-School-Thrash spricht, dann sollte man meinen, man redet in erster Linie von den frühen Anfängen 1983-1985, wenigstens jedoch von der als Blütezeit des Genres bewerteten Phase in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre. In meiner Wahrnehmung beginnt die Blütezeit später, eben etwa um 1990 herum. Für die nächsten zwei bis drei Jahre sollten hier auch von den bekannten Acts die für mich besten Alben des Thrash Metal erscheinen. Allen voran das Abschiedsalbum von Dark Angel "Time Does Not Heal", Slayers "Seasons In The Abyss", Forbiddens "Twisted Into Form", der Cyclone Temple-Klassiker "I Hate Therefore I Am", die beiden Demolition Hammer-Meisterwerke "Tortured Existence" und "Epidemic Of Violence", der Höhepunkt in der Karriere von Sepultura ("Arise"), oder auch Nachzügler wie die Underground-Sensation Invocator, die 1993 mit "Weave The Apocalypse" tatsächlich noch zu vorgerückter Stunde einen Meilenstein 'raushauten. Der musikalische Unterschied zu den rauhen Anfangstagen liegt bei all diesen Scheiben auf der Hand und es ist letztlich eine reine Geschmacksfrage, welche Phase besser schmeckt. Die Spätphase des Genres beeindruckt einerseits durch technische Raffinessen, transparentere Produktionen, komplexeres Songwriting und mit einem durch gedrosseltes Tempo nach oben geschraubten Härte- und Intensitätslevel. Andererseits ergaben sich durch die Schnittpunkte zum aufkeimenden Death Metal interessante Vermischungen, wie sie auf den beiden erwähnten Demolition Hammer-Scheiben zu hören sind. Hier entfällt dann allerdings das "gedrosselte Tempo", dainsbesondere "Epidemic Of Violence" ob seines wahnsinnigen Geschwindigkeitsrausches nur noch verbrannte Erde hinterlässt. 

An dieser Stelle sei abschließend noch bemerkt, dass ich für Tipps in dieser Richtung sehr empfänglich bin. Wer also noch weitere vergessene Perlen in seinem CD-Schrank hortet und sie mit mir und der Welt teilen will: immer her damit!

"Schönen Sonntag!"(Peter Weihnacht)

P.S.: Stay Tuned for the wonderful Thrash Metal-Gewinnspiel!

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Tolle Beschreibung der auslaufenden zweiten "Thrash-Welle" und gute Auswahl der prägenden Scheiben. Wobei ich immer wieder staune, wieviele Perlen gerade aus den Jahren `89 bis `93 zu ertauchen sind..!

QN