RED HOT CHILI PEPPERS - BLOOD SUGAR SEX MAGIK
"Denken ist einsam." (Gottfried Benn)
Ich halte von den Red Hot Chili Peppers seit 25 Jahren so viel Abstand wie irgend möglich, und würde den müden Corporate-Faltenrock mit senilem Zuchtbullen-Habitus ihrer aktuellen Alben selbst mit der Kneifzange nicht mehr anpacken, aber jene doch eher betrüblich zu bezeichnende Entwicklung hat ihrem Frühwerk in der Casa Dreikommaviernull glücklicherweise nur bedingt geschadet. Von ihren drei Alben, die in den neunziger Jahren erschienen sind, ist "Blood Sugar Sex Magik" trotz der zweifellos exzellenten Qualitäten des 1995 erschienenen "One Hot Minute" und des Meilensteins "Californication" aus dem Jahr 1999, der die Band dann final in die Stratosphäre der wenn auch nicht gerade künstlerischen, aber immerhin kommerziell unantastbaren Superstars schoss, ihr wichtigstes und den Zeitgeist am eindrücklichsten definierendes Album. Ein klassischer Fall für die Mischung aus "zur richtigen Zeit am richtigen Ort" und "die Summe ist größer als die einzelnen Teile".
Denn dass die Platte mit 74 Minuten viel zu lang geraten ist, und dass damit zwangsläufig Songs auf "Blood Sugar Sex Magik" stehen, die wirklich niemand vermissen würde, wären sie in der großen Mülltonne mit dem übrigen Bandsalat gelandet, ist für die Bewertung und Einordnung komplett irrelevant. Die Attitüde der Band auf dieser Platte besitzt selbst über 30 Jahre nach der Veröffentlichung immer noch eine unwiderstehliche Anziehungskraft. Die Chili Peppers waren mal autoritär anti-autoritär, und "Blood Sugar Sex Magik" ist zur letzten Tonspur vollgestopft mit sexuellen Innuendos, Drogen, Tabubrüchen, Kontrollverlusten und auch mal einem dezidierten Antirassismus: “Say what I want, do what I can/Death to the message of the Ku Klux Klan.” heißt es im Opener "The Power Of Equality". Wer über die Jugendkultur der neunziger Jahre einerseits und ihre spätere Vereinnahmung des Mainstreams andererseits als gesellschaftliches Phänomen sprechen möchte, kommt an diesem Album schlicht nicht vorbei.
Vinyl und so: Wer sich nicht mit völlig durchgenudelten und natürlich immer noch grotesk überteuerten Originalpressungen herumärgern möchte, greift idealerweise zum 2020er Reissue, das von den analogen Originalbändern gefertigt und auf zwei 180g Schallplatten gepresst wurde - und dabei schlicht umwerfend klingt.
Erschienen auf Warner Music, 1991.