01.06.2008

"Bei Christiansen musst du aufpassen....die wehrt sich!"



"Ein Autor, der nur ein einziges Theaterstück geschrieben hat, das nur ein einziges Mal auf dem seiner Meinung nach besten Theater der Welt, und genauso seiner Meinung nach nur von dem besten Inszenator auf der Welt, und genauso seiner Meinung nach nur von den besten Schauspielern auf der Welt aufgeführt werden durfte, hatte sich, schon bevor der Vorhang zur Premiere aufgegangen war, auf dem dafür am besten geeigneten, aber vom Publikum überhaupt nicht einsehbaren Platz auf der Galerie postiert und sein eigens für diesen Zweck von der Schweizer Firma Vetterli konstruiertes Maschinengewehr in Anschlag gebracht, und nachdem der Vorhang aufgegangen war, immer jenem Zuschauer einen tödlichen Schuss in den Kopf gejagt, welcher seiner Meinung nach an der falschen Stelle gelacht hat. Am Ende der Vorstellung waren nur noch von ihm erschossene, und also tote Zuschauer im Theater gesessen. Die Schauspieler und der Direktor des Theaters hatten sich während der ganzen Vorstellung von dem eigenwilligen Autor und von dem von ihm verursachten Geschehen nicht einen Augenblick stören lassen."(*)


Georg Schramms Wut, seine Radikalität, sein Mut, seine Verzweiflung, seine Brillianz, seine Moral und nicht zuletzt sein Humor haben mich erst innerhalb der letzten zwei Monate erreicht und begeistert. Seither verging kaum ein Tag, ohne seine Beiträge zu politischen oder gesellschaftlichen Schweinereien gehört oder gelesen zu haben. Das ist manchmal anstrengend, aber ich weiß auch um die reinigende Wirkung seiner Worte. Und ich weiß, dass ich nicht alleine bin.

"Thomas Bernhard Hätte Geschossen" von Georg Schramm ist im Jahre 2006 erschienen.



(*): "Ein eigenwilliger Autor" aus: "Der Stimmenimitator", Thomas Bernhard, 1978


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ich weiß nicht mehr, ob es aus diesem Programm ist, aber ich fand ihn ganz großartig in seiner Rolle als Motivationstrainer: Im Grunde ist er völlig übel mit dem Publikum umgesprungen, und nach der Veranstaltung wurde er trotzdem und offenbar ganz ernsthaft gefragt, ob man ihn so (also als Motivationstrainer, nicht in der Rolle als) für Betriebsveranstaltungen buchen könne.