23.09.2007

The All Seeing Shorter



Gut möglich, dass Wayne Shorter in naher Zukunft mehr als nur zweimal in meinem CD-Regal auftaucht. Dass der derzeitige Stand der Dinge dringend einer Überprüfung bedarf, liegt in erster Linie an einer Platte, die seit Tagen in meinem CD-Player klebt. "Juju" versprach alleine schon durch das Line-Up mit den beiden Coltrane-Sidekicks MyCoy Tyner (Piano) und Elvin Jones (Drums) eine spannende Angelegenheit zu werden, dass mich das Album aber derart in seinen Bann zieht war nicht eingeplant.

Es liegt sicher nicht nur an den genannten Musikerpersönlichkeiten, dass "Juju" manchmal als das "A Love Supreme" Shorters bezeichnet wird. Ich möchte diese Einschätzung gar nicht weiter kommentieren; dass Shorter auf seinem fünften Soloalbum allerdings alleine hinsichtlich des Tons seines Instruments unüberhörbar auf Tuchfühlung mit dem Sound Coltranes geht, steht außer Frage. Auch das Zusammenspiel des Quartetts, insbesondere im fantastischen Titelstück, zwingt ob seiner Intensität, der wie magisch ineinander verzahnten Struktur und dem wild vor sich hin brodelnden Feeling zu seelischen Überreaktionen. "When I wrote this tune, I was thinking of Africa [and]...was tyring to picture the old african rites.", schreibt Shorter in den Liner Notes zu "Juju", einer Reminiszenz an die Schlichtheit von afrikanischen Gesängen, wie er anmerkt.

Shorters zweites Album für das Blue Note-Label lebt aber auch von den überwältigenden, einfühlsamen Melodien. Wenn nach kurzem Drum-Intro von Jones McCoy das Eröffnungsthema von "Mahjong" anspielt, Shorter kurz darauf mit seinem Tenor-Saxophon einsteigt, die Melodie aufnimmt und weiterspinnt, und das Quartett (am Bass: Reggie Workman) sich plötzlich in einer luftigen Höhe blind die Bälle zuwirft, bleibt mir meist nicht viel anderes übrig, als die Kinnlade ganz entspannt nach unten gleiten zu lassen. Das ist schlicht sensationell.

Die weitere Entwicklung Shorters, hin zu immer freieren und offeneren Strukturen hat ihren Ursprung möglicherweise exakt auf dieser Platte. Innerhalb von 18 Monaten nahm der Musiker nicht weniger als sechs Alben auf und spielte zudem seit 1964 noch im Miles Davis Quintett, in welchem er unter anderem an heute legendären Werken wie "In A Silent Way" oder "Bitches Brew" mitwirkte. Das Nachfolgealbum "The All Seeing Eye" (obgleich es vor der Veröffentlichung jenes Werks noch 2 weitere Aufnahmesessions gab), geht hinsichtlich des freieren Ansatzes konsequenterweise gleich mehrere Schritte weiter und präsentiert mit einem Oktett ein großes Ensemble (u.a. mit Herbie Hancock), das die Musik weiter entzerrt, sie aber deswegen nicht weniger intensiv erscheinen lässt.

"Juju" von WAYNE SHORTER ist im Jahre 1964 auf Blue Note erschienen.



1 Kommentar:

Doris Dudelsäck hat gesagt…

War der nicht später Sänger von Static X und ist unlängst erst gestorben? o_O