17.05.2010

Ronnie James Dio 1942 - 2010

Die ersten Jahre meiner Musikverrücktheit verbrachte ich Mitte der 80er Jahre mit Roland Kaiser und hessischen Lokalmatadoren wie den Rodgau Monotones oder Flatsch, bevor um 1986 herum die britische Metalband Iron Maiden den Thron der Florian'schen Nummer Eins erklommen konnten. Mein Bruder Dirk fungierte dabei als Plattenlieferant, und ich erinnere mich daran, dass ich in den folgenden Jahren eine Platte mindestens ebenso oft hörte, wie die ollen Maiden-Klassiker. Und das war Dirks Schuld. Es war "Holy Diver", das Solodebut des ehemaligen Rainbow- und Black Sabbath-Sängers Ronnie James Dio. 


Alleine das Cover hatte eine ungeheure Anziehungskraft auf mich (hier ist womöglich die Parallele zu Maiden zu ziehen) - ein Pfarrer, der unter dem gartig-glühenden Blick des kettenschwingenden Teufels, festgekettet in reißenden Fluten droht unter zu gehen. Es schockierte Mutti und wahrscheinlich eben auch mich selbst. Teufelsmusik. Das legendäre Intro zum Titelsong versetzte mich in Faszinationsstarre, die Hymne "Stand Up And Shout" oder das gigantische "Don't Talk To Strangers" - all diese Songs wurden zu völlig selbstverständlichen Begleitern für die nächsten Jahre. "The Last In Line", das zweite Album, reihte sich genauso ein wie das Drittwerk "Sacred Heart": diese drei Scheiben - wie soll ich's beschreiben - ich kann heute möglicherweise auf völlig anderen musikalischen Planeten aufhalten, mich in Jazz, Elektro und HipHop suhlen, aber diese Songs sind wie Heimkommen, mehr noch als alte Freunde, denn sie haben mich nie im Stich gelassen. Ich verbinde besonders die Songs des Debuts heute noch mit Gerüchen, wie ich sie damals in der Wohnung meiner Eltern wahrgenommen habe, als eben "Holy Diver" lief. Und es passiert bis heute regelmäßig, dass ich beispielsweise "Sacred Heart" aus dem Regal ziehe und nur die überragende erste Seite höre. Und ich schmunzle jedes Mal, wenn Dio seine beiden Lieblingswörter singt: Rainbow und Dragon. Und wer Dio-Platten kennt, der weiß: ich komme aus dem Schmunzeln im Grunde gar nicht mehr heraus.


Heute Morgen ist Ronnie James Dio gestorben. Ich wusste, dass er krank war, und als ich vor sieben, vielleicht acht Monaten die ersten Meldungen über seinen Kampf mit der Krankheit hörte - ich war...ist "besorgt" hier das richtige Wort? Es erscheint so distanziert, dabei schenkte ich dem schon mehr Aufmerksamkeit als anderen "besorgniserregenden" Nachrichten. Ich war vielleicht auch ängstlich - ich wünschte dem kleinen Mann einfach nur, dass er es packt, dass er dem Sensemann noch wenigstens ein paar Jahre entkommt. Nicht, weil ich unbedingt eine neue Platte brauchte oder eine neue Tournee - ich hatte Dios Schaffen in den letzten 10, wenn nicht gar 15 Jahren fast vollständig aus den Augen verloren. Aber ich wollte einfach, dass er noch bleibt - mein Gott, ich habe mit dem Typen mal mindestens meine Kindheit verbracht, verdammt.

Jetzt bin ich nicht mehr besorgt oder ängstlich, ich bin nur sehr traurig. Dio war ein herzensguter Mensch, ein Gentleman, ein bodenständiger, warmherziger Kerl. Keine Skandale, niemals. Gesegnet mit einer Stimme, die das Zeit-Raum-Kontinuum zusammenbrechen lassen konnte, eine der großartigsten Stimmen in der Geschichte der Rockmusik.

Das nimmt mich echt gerade ziemlich mit.

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