Kris Davis - Rye Eclipse
Sie winden sich, und sie schlagen sich, sie lachen, und sie küssen sich, sie vergraben sich, und sie brechen wieder aus.
Sie kämpfen. Um jeden Ton.
Ein schier endloses Auf und Ab. Die harten, perkussiven Hammerschläge auf das Klavier wirken wie vom Irrsinn getrieben. Repetitiv schlängelt sich Davis' Piano durch ein manchmal gar undurchdringbares Geäst, einem Wirrwarr von Sounds, die ihre Musiker Tony Malaby am Saxofon, Bassist Eivind Opsvik und Drummer Jeff Davis wie entfesselt aus ihren Instrumenten locken. Es brodelt, es ist unheimlich, es schleicht und springt wie der Tasmanische Teufel. Dann kommen sie zur Ruhe, ohne dabei ihre Rastlosigkeit ab zu legen.
Die unkonventionellen Kompositionen der jungen kanadischen Pianistin Kris Davis wirken wie künftige Monumente. In den gewalt(tät)igen Augenblicken wie vom Erdboden aufgerissener Asphalt, wie Beton und Stahl, der sich aus dem Untergrund streng blitzend in die Höhe schraubt, und wie ein angeschossenes Raubtier, wenn die Stille kommt. Malabys Anblasen fliegt wie ein verirrter Schleier in die Nacht. Sein Solospiel ist expressiv und aufwühlend, seine melodischen Improvisationen wie in "Prairie Eyes" anmutig. Davis' Pianofiguren dominieren weite Teile von "Rye Eclipse", ordnen sich aber nach der werweißwievielten Drehung unter Hypnose in den Klangdunst ein.
"Sie kämpfen. Um jeden Ton." Und sie tun es tatsächlich. Keine martialische Schlacht im Sinne einer Anstrengung, die vonnöten wäre, um den korrekten Ton zu finden. Viel mehr ist es das Streben, im allumfassenden Kontext von "Rye Eclipse" zu bleiben. Das Gespür, den Fokus nicht nur auf das eigene Instrument, die Mitmusiker und den exakten, gegenwärtigen Moment zu lenken, sondern instinktiv zu spüren, was diese Musik wirklich benötigt. Im Klang. Im Ursprung. In der Wirkung. Dieses große, letzte Verständnis wird von diesen vier Musikern geradewegs atemberaubend gelebt: sophisticated, urban und himmlisch frei.
24.02.2009
Platz 6
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