13.04.2010

2000-2009 #20: Vladislav Delay - Whistleblower


"Whistleblower" ist flüssiges Dickicht. Gestrüpp, in Fetzen, trotzdem samtweich. Nicht besonders sentimental, dafür fundamentale Selbstsuche, sogar für den, der sich nicht ins tiefe Wasser traut. Über ein Jahr war dieses immer noch beeindruckende Album mein fast täglicher Begleiter, angestachelt von dem Drang, diesen so mysteriösen Sound zu entschlüsseln. Immer wieder die Frage was dahinter steht, eher gleitet, ach was: schleicht, fließt, schwebt. Was macht dieser pulsierende Atem mit mir, der sich nach wenigen in Watte verpackten Sekunden zu einem - ich will's gar nicht sagen, weil es selbst mit dem leisesten Adjektiv immer noch so zerstörerisch wirkt - hingehauchten Groove entwickelt? Sind das die tiefen, halligen Schluchten und Höhlen eines unbewohnten Planeten, oder ist der leise vor sich hinbrodelnde lake of fire, in dem die Verdammten und die Heiligen das letzte Mal die Wärme und die Liebe spüren können bevor es graue Asche regnet? Wahrscheinlich ist es beides, sowohl als auch. Des Teufels glühende Pfütze in der Untererde eines fremden Planeten, in einem fremden Universum, von dem selbst Gott nichts weiß, weil er nicht so weit gucken kann. Und da sitzen und schunkeln wir - unwirklich und so weit draußen, so nah beieinander und doch so unendlich entfernt von allem, was uns nach diesen 70 Minuten wieder in das zurückholt, was jeder, der das Aussteigen und das Träumen auf dem Weg zu seinen 40qm Deutschland verloren hat, als Realität bezeichnet, als eine Unfiktion in der es eben nur Nullen (und davon gibt's mit Verlaub 'ne Menge) und Einsen gibt, schwarz und weiß und das Wetter nach dem Heute-Journal. Ätherisch umherschwabbernd im Nichts, gemartert von grau-staubigen Blitzen, die eine Idee eines Bewusstseinsschleiers vorgaukeln. Die uns in Wahrheit sedieren und uns ausknipsen, damit die Chimären noch näher an uns herankommen und uns den leisen Hauch des Wahnsinns in die Memoiren drücken können. Das ist die Heilung, die das Feuer mit dem Feuer bekämpft. Lasst es Tote regnen, denn sie spüren den Aufprall nicht mehr.

Du wachst auf, und das Nichts hat seine Bedeutung verloren. "Don't be afraid, ever, because: it's just a ride."(Bill Hicks)

Erschienen auf Huume Records, 2007

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ja, wahrscheinlich deshalb ist es