21.01.2008

Platz 11 - Jessica Rylan - Interior Designs




JESSICA RYLAN - INTERIOR DESIGNS



Meine Metalphase hielt lange (im Grunde genommen: viel zu lange) an, die Indiephase ging spätestens 2005 den Bach 'runter, und ich stand (Achtung, Pathos!) vor den Scherben meines musikalischen Lebens. Alles Mist. Alles öder, kalkulierter Scheißdreck ohne Stil und Esprit, ohne den Funken einer Vision. Tumb und stumpf. Als Antidot macht man sich zunächst frei von der Maßgabe, "alles" kennen zu müssen, dann setzt man das Vorhaben in die Tat um und entscheidet, dass ein Interpol-Album in der Sammlung völlig ausreicht. Und dann sucht man nach etwas Neuem. Neue Musik, neue Sichtweisen, neue Ideen, neue Luft, neues Licht. Ich landete zunächst beim Jazz, dann bei elektronischer Musik. Und fand hier und da musikalische Wegweiser, die einem recht zuverlässig mitteilten, wenn etwas außergewöhnliches auf die Piste gerollt wurde. Ein solcher Wegweiser war 2007 die bereits erwähnte Geräuschmusik-Kolumne der Spex, durch die ich auch auf Jessica Rylans Quasi-Debut aufmerksam wurde. Unter dem Namen Can't veröffentlichte die Noise-Künstlerin aus Boston in den vergangenen Jahren zahlreiche LPs, CD-Rs und Tapes, bevor sie nun mit "Interior Designs" bei Important Records debutierte.

Rylans Musik ist schwer zu beschreiben: ihre selbstentworfenen und -zusammengebastelten Synthesizer knacken und blubbern in einem scheinbar abgeschlossenen System, das sie ihnen eigens für ihre Improvisation in genau diesem Moment auf den Leib schneiderte. Mit dieser Herangehensweise ist sie nicht wirklich weit vom Ansatz des Free Jazz entfernt, denn auch dort entsteht das Besondere im Moment des Spielens, symbiotisch und doch höchst individuell. Ich habe mich manches Mal gefragt, was mich dazu treibt, diese harsche Musik, die aufwühlt und pulsiert, immer wieder mit einiger Begeisterung auf zu legen; wo es doch eine auf den ersten Blick karge, öde und abweisende Landschaft ist, die hier präsentiert wird. Mich fasziniert die Vielschichtigkeit dieser Musik, die Anspannung und Dynamik, das seltsame Gefühl, dass hier tatsächlich ein Mensch durch Maschinen spricht und gar eins mit ihnen wird, und der vor allem im Titelstück hervortretende Humor, wenn Rylan über einen blassen und einlullenden Beat mit einer verstimmten Wandergitarre herumschrullt und damit die vorher in teils überlangen Tracks aufgebaute Spannung mit einem winzigen Grinsen auflöst. "Sometimes I do feel this psychic connection with machines", sagt sie. Ich glaube ihr.


Erschienen auf Important Records, 2007.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Fantastisches Album, v.a. weil Rylan wirklich eine nette Art von Humor hat.