16.01.2012

2011 #13 - Shabazz Palaces °° Black Up


Da draußen fällt uns gerade der Himmel auf den Kopf. Ich habe schon lange nicht mehr gesehen, dass sich die Welt um die Mittagszeit so bedrohlich dunkel und atmosphärisch gedrückt zeigte. Die Depression ist an solchen Tagen ganz bestimmt einen Schritt näher als üblich an mir dran, und ich muss gegensteuern: Räucherstäbchen, Kerze, eine große Tasse Tee. Wohlfühlstimmung. Ein paar Meter neben mir leuchtet noch der Weihnachtsbaum. Ja. okay - so kann ich es aushalten. Vorhänge noch vorziehen, ich will das Elend da draußen nicht sehen. Die Musikwahl ist in der Hinsicht etwas zwischen den Welten - und das überrascht deshalb, weil "Black Up" das windschiefste und undurchdringlichste Album des Jahres ist.

Shabazz Palaces ist in erster Linie die Austobwiese des Rappers Ishmael "Butterfly" Butler, der erstmals 1993 mit einem Album der Digable Planets und einer Fusion aus Jazz und Hip Hop in der Szene landete. Das Trio verschwand mit einem veritablen Flop im Rücken wieder von der Bildfläche. Butterfly tauchte in den letzten Jahren immer wieder mit mehr oder minder kurzlebigen Projekten auf, mit Shabazz Palaces dürfte er sich gemeinsam mit dem Perkussionisten Tendai Maraire und mit Hilfe des aufsehenerregenden "Black Up" etwas länger festbeißen können. Und aufsehenerregend ist das Album nicht nur deshalb, weil sich tatsächlich die alte Grunge- und Fuzzrockschmiede SubPop "Black Up" gekrallt hat, auch die monumental langen Songtitel sind's nicht - es ist das zusammengeprügelte Konstrukt des Hip Hop as you know it, das sich in zerfetzten Beats und ausgefransten Arrangements durch zehn Tracks schleppt. Es ist weniger die Mixtur aus Jazz, Soul, Funk und Hip Hop, die "Black Up" so fremdartig erscheinen lässt; zu einer solcher Melange dürfte so mancher eine Vorstellung haben, wie das wohl klingen mag, und keine Bange, die Abrissbirne ist bereits bestellt. Hier ist kein Stein auf dem anderen.

"Black Up" ist vor allem zu Beginn beinahe unerträglich düster und kaputt. "An Echo From The Hosts That Profess Infinitum" mit seinem furchteinflößenden Chor, der aus den Untiefen verlassener Waldhöhlen wie eine Horde Geister um die Köpfe flitzt und das Blut in den Adern gefrieren lässt. Der Opener "Free Press And Curl" lässt mich auch nach mindestens dreißig Durchläufen noch ratlos dampfend in der Ecke liegen, bevor der erste Sonnenstrahl mit "Are You...Can You...Were You? (Felt) und "A Treatease Dedicated To The Avian Airess From North East Nubis (1000 Questions, 1 Answer)" durch den Vorhang schlüpft. Es gelingt erstmals, die Elemente des Sounds zu deuten, aber die Interpretation ist mir nicht geheuer: "Black Up" bewegt sich auch im weiteren Verlauf vollständig zwischen den Welten. Nahezu zeitgleich lässt sich die Musik einerseits als romantisch, warm, und deep, andererseits als kühl glänzend, futuristisch und bis an die Schmerzgrenze distanziert abbilden. Selbst wenn die B-Seite mit dem Einsatz von lasziven Vocals von Cat Satisfaction und Thee Stasia vom Duo THEESatisfaction etwas an Wärme und Licht gewinnt und auch afrikanische Musik Einzug in das große Genreregister von Butler und Maraire erhält, bleibt sie gleichzeitig abstrakt und dunkel.

Ich behaupte nicht, dass ich "Black Up" verstanden habe, aber mein nickender und manchmal nachdenklicher Kopf entscheiden heute mal für mich. Ausnahmsweise.

Erschienen auf SubPop, 2011

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