29.07.2024

My 20 Favourite Thrash Metal Albums Ever (Part One)

Vor elf Jahren habe ich meine Leserinnen und Leser mit einem Thrash Metal-Countdown gelangweilt, und weil mir seitdem auffiel, dass ich in der damaligen Auflistung mindestens drei schwere Fehler begangen hatte, die nach einer Klarstellung und Korrektur schreien, gibt's die jetzt einfach. Als Video, damit's auch richtig cringe wird. Immer Alles geben. Meine Devise. 

Wir starten mit den Plätzen 20 bis 11. 

"Enjoy!"

 



28.07.2024

Sonst noch was, 2023?! - Gesammelte Werke




"Nobody's mad at you
Nobody's mad at you
You're having a private experience
Nobody's mad at you
Nobody's mad at you
Nobody really gives a fuck"
(Neal Brennan)


Ich schwör': ein allerletztes Mal gibt's den Blick zurück ins Jahr 2023. 

Danach...ohjehmine und spoiler alert: geht er sogar noch ein paar Jahre weiter zurück. 


Machen wir also jetzt final den Deckel auf 2023, is' ja auch schon bald August. Grundgütiger.


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EARTH HOUSE HOLD - HOW DEEP IS YOUR DEVOTION


Eigentlich war diese Werkschau von Brock van Wey's Earth House Hold-Projekt für lange Zeit meine Nummer 1 des Jahres 2023, bis ich mich schlussendlich dagegen entschied, eine Compilation in die Bestenliste zu wuchten, noch dazu auf die Spitzenposition. Dann ist es allerdings heute umso wichtiger, über "How Deep Is Your Devotion" zu sprechen. Während ich diese Zeilen schreibe, ist es 10 Uhr an einem Sonntag im Juli 2024. Es ist sonnig, aber glücklicherweise nicht zu warm. Das Fenster ist sperrangelweit offen und in Sossenheim herrscht eine Ruhe, wie ich sie als Kind von den sommerlichen Besuchen bei meinen Großeltern im pfälzischen Nirgendwo kenne. Man spürt das Nichts mehr, als dass man es hört. Es duftet nach schwarzem Kaffee mit einem Hauch Bergamotte. "How Deep Is Your Devotion" läuft, und ich wünsche mir, dass die Zeit stehenbleibt. Die Entwicklung zu verfolgen, die Brock über die vier EHH-Alben auf die muskalische Leinwand gezaubert hat, das Abdriften eines so oder so schon sehr speziellen Deep House-Ansatzes in eine immer weiter gedehnte, dekonstruierte, eigentlich sich in Auflösung befindliche Version mit solch skurriler Schönheit und mehr versteckten, vergrabenen, vernebelten Zwischentönen, als ich jemals hören könnte, ist das Eine. Das andere ist, dass man sich wünscht, diese Musik würde nie enden. Dieser Moment würde nie enden. 


 



Erschienen auf A Strangely Isolated Place, 2023.



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FILM SCHOOL - FIELD


Shoegazing in LA. Das kalifornische Sextett um Bandgründer und Chef im Ring Greg Bertens fiel mir erstmals mit ihrem zweiten Album "Film School" im Jahr 2006 positiv auf, und ich bin hocherfreut, dass die Truppe über die ganzen Jahre durchgehalten hat - das gilt umso mehr, wenn noch so starke Platten wie "Field" in ihren Herzen und Köpfen schlummern. Wer vom aktuellen Slowdive-Album auch so enttäuscht wurde, darf schon mal entspannt das nächste Tütchen drehen: "Field" ist ultrakompakt komponiert, hat einen guten Drive und trotzdem soviel Tiefe, dass einem Songs wie "Up Spacecraft" oder "Don't You Ever" (mit einem 1995er Monster Magnet-Gedächtnisriff) sofort unter die Haut kriechen.


 



Erschienen auf Felte, 2023.



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RAY ALDER - II


Soloalben sind immer so eine Sache. Eigentlich stehen sie schon ab dem Moment der Ankündigung ein paar Stufen unter dem Output der Hauptband. Das Solodebut von Fates Warning-Wundersänger Ray Alder "What The Water Wants" aus dem Jahr 2019 war im Rückblick und abgesehen von Alders gewohnt brillantem Gesang eine Enttäuschung. Zu zahm, zu oberflächlich, und irgendwie auch zu egal. Folglich waren meine an "II" geknüpften Erwartungen von leichter Unterkühlung geprägt, aber siehe da - "II" ist um Welten besser als das Debut, ist zu gleichen Teilen emotionaler als auch heavier. Insgesamt inszeniert Alder seine Musik natürlich gradliniger als im Kontext von Fates Warning, und sein immer noch vollkommen intaktes Gespür für einnehmende Gesangsmelodien im Zusammenspiel mit bisweilen satt tiefergelegtem Unterwasser-Riffing, erzeugen ein ums andere Mal echte Überraschungsmomente. Das gilt mittlerweile nicht mehr für Alders Gesangsleistung: man erwartet Übermenschliches - und das bekommt man dann auch. Weiß Gott keine Selbstverständlichkeit, aber das hat er nun davon, so fucking gut zu sein. SO FUCKING GUT!


 



Erschienen auf Inside Out, 2023. 



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DANNY PAUL GRODY - ARC OF DAY


Und nochmal Kalifornien, dieses Mal San Francisco. Sein Album "In Search Of Light" aus dem Jahr 2011 hatte ich seinerzeit als "Sorgenbrecher" bezeichnet, und seine Musik ist auch 13 Jahre später noch immer genau das. Ich hatte es leider versäumt, über sein 2021er Werk "Furniture Music II" zu berichten, das mir in der Pandemie Hoffnung und Licht ins Sossenheimer Outback brachte, aber das passiert mir nicht nochmal. Die Ruhe und die Kontemplation, die vom inneren Kern von "Arc Of Day" ausstrahlt, macht mein Leben besser. Ich schmecke die Luft an der US-amerikanischen Nordwestküste, spüre den Sand zwischen den Zehen, die Sonne auf der Haut. Eigentlich ist das Psychotherapie, nur ohne Reden. Zuhören sollte man aber. 





Erschienen auf Three Lobed Recordings, 2023.



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AYAAVAAKI & PURL - ANCIENT SKIES


Purl sagte kürzlich über "Ancient Skies", es sei eine der einzigartigsten Platten, die er je aufgenommen hat - und wer sich darüber im Klaren ist, wie viele Alben dieser Kosmopolit schon veröffentlichte und wie bescheiden er für gewöhnlich auftritt, mag erahnen, wie wichtig ihm ausgerechnet dieses Werk ist. Gleichzeitig kann der Eindruck entstehen, "Ancient Skies" sei ein wenig vom Radar der Ambientfans gerutscht und damit also unterschätzt und/oder übersehen - und das muss ich für meine Wenigkeit leider bestätigen. Es gibt einfach viel zu viel Musik und das Leben raubt mir viel zu viel Zeit - und dann legt Purl eben noch immer ein atemberaubendes Veröffentlichungstempo vor. Hinzu kommt: "Ancient Skies" ist in der (digitalen) Orginalfassung fast zweieinhalb Stunden lang, und einfach zu hören ist das nicht unbedingt. "Ancient Skies" ist einerseits dramatisch und opulent, andererseits spielt sich so viel unter den hörbaren Schwingungen dieser Musik ab, ist subtil, manchmal mystisch. Wenn der halbe westliche Planet damit beschäftigt zu sein scheint, das durchs Social Media-Dauerfeuer schön herangezüchtete ADHS zu füttern, erscheint es lohnenswerter denn je, sich einfach mal für zwei Stunden auszuklinken. 

Hinweis: die Doppel-LP hat lediglich acht (statt vierzehn) Songs in zum Vergleich zur digitalen Version editierten Fassungen.


  



Erschienen auf LILA लीला, 2023 




06.07.2024

Sonst noch was, 2023?! - Beach Fossils - Bunny




BEACH FOSSILS - BUNNY


"Wenn man Hannelore Kohl, die Sharon Stone aus Oggersheim zu Gast hat, dann ist es schon sinnlich, wenn man mit der flachen Hand auf einen ausgestopften Saumagen klopft." (Oliver Kalkofe)


Sechs Jahre nach ihrem letzten Album "Somersault", das ich seinerzeit mit der Einschätzung in meine Top 30 des Jahres 2017 rollte, es klänge, als hätten  "Paul McCartney, Robert Smith, Sam Prekop und Johnny Marr am Strand von Kalifornien gehascht und wegen des gemeinsam bestaunten Sonnenuntergangs vor Ergriffenheit das Heulen angefangen", versüßte das Quartett aus Brooklyn mit dem Comeback "Bunny" meinen letzten Sommer - und das in Zeiten, die von tiefer Trauer über den Tod unseres Hunds Fabbi geprägt waren. Eigentlich eine unlösbare Aufgabe, aber ähnlich wie Element Of Crimes "Morgens Um Vier" traf "Bunny" einen ganz besonderen Nerv. 

Dass es ausgerechnet diese Musik schafft, mich so weichzuklopfen, ist mittlerweile eigentlich keine Erwähnung mehr wert. Wie oft habe ich schließlich schon in niemals enden wollenden und unverständlichen Satzungetümen darüber referiert, welche Anziehungskraft bisweilen von Projekten wie Tropics, Absolute Boys, Dreamscape, Slow Magic oder den leider sehr unrühmlich verglühten HOOPS ausgeht. 

Dieser unwiderstehlichen Mischung aus Lo-Fi Indie Pop (fürs Understatement), Shoegaze (fürs Schwüle, Warme, Feuchte) und einer Prise Postpunk (für die Zehenamputation wegen Unterkühlung), die den Schaltplan für Romantik, Nostalgie und Tagträume erstellt. Nach dem Zauber und dem Glanz in der Tristesse zu suchen war ein nobles Hobby in meiner Adoleszenz, nicht notwendigerweise aus Selbstmitleid, sondern weil die Vertiefung so verführerisch war. Insofern schließt sich hier der Kreis zum vergangenen Sommer: "Bunny" war gleichermaßen Trost und Heilung, weil es den Blick über die Trauer erhob und die Gefühlspalette erweiterte. Wir sahen ein paar Lichtstrahlen, ein paar Reflektionen. Spürten Sonne auf der Haut. Und wir erinnerten uns. 

Der immer noch so behutsam verhuschte Sound der Beach Fossils ist einerseits verknüpft mit einem außergewöhnlichen Gespür für Melodien - beispielhaft der zum Sterben schöne Harmoniewechsel im Refrain von "(Just Like The) Setting Sun" mit seinem im Zwielicht orchestrierten Streicherarrangement oder das Gitarrengeflacker in "Anything Is Anything", in dem jeder noch so schüchtern gespielte Anschlag eine melodische Dringlichkeit entwickelt - andererseits ist er der Mutterboden für die Ästhetik des melancholischen Großstadtslackers. 

Für immer 25, für immer emotionales Chaos, für immer verliebt, für immer Hoffnungslosigkeit. 

What year is it today?
It's funny how time slips away
Living in Nеw York, it can grind you down
I tell you, it will grind you down


Es ist zu gleichen Teilen imponierend wie beängstigend, wie mich die Beach Fossils zwanzig, dreißig Jahre in mein früheres Leben zurückschleudern - und wie fucking wehrlos ich dagegen bin. Ich spüre, wie sehr ich mich hier fallen lassen kann. Wie sehr ich hier verschwinden will. Und wie sehr ich für immer dort bleiben will.


 



Erschienen auf Bayonet Records, 2023.