29.01.2017

2016 ° Platz 14 ° Tortoise - The Catastrophist



Die großen alten Männer des Postrocks schlagen zurück. Mit Krautrockstampfern, Synthieklingen, Hypnoseflüchen, Jazztreibsand und ganze zwei Mal sogar mit laszivem Gesangslasso. Eines davon schwingt die astreine Coverversion des David Essex Hits "Rock On", in dem Todd Rittmann von US Maple stimmlich herumtorkelt wie Vince Neil mit 18 Promille und erektiler Dysfunktion. 

Denn wer niemals an ihnen zweifelte, der werfe die erste Kesselpauke: dass sie sich sieben Jahre nach dem etwas verstrubbelten Vorgänger "Beacon Of Ancestorship" so konzentriert und beschwingt zurückmelden, meinetwegen ein bisschen milder und gar melodischer als sonst üblich und "The Catastrophist" in dieser Hinsicht am ehesten an das eklektische "It's All Around You" aus dem Jahr 2004 erinnert, hätte ich nicht für möglich gehalten. 

Ich habe für diesen Text ein paar zusätzliche Wintertage mit "The Catastrophist" verbracht und war überrascht, dass ich immer noch genau so entzückt bin wie damals im Mai. Selbst die Herzallerliebste sagt, dass "Rock On" ein herausragender Song sei - um direkt danach anzumerken, der Beat erinnere sie an Metallicas "Sad But True". Was sagt man dazu?





Erschienen auf Thrill Jockey, 2016.

22.01.2017

2016 ° Platz 15 ° Shaded Explorer - Empatia




Erneut ein Dauerbrenner in meinem CD-Player vom kanadischen Dub Techno Spezialistenlabel Silent Season - das immer noch beweisen muss, einen auch nur halb durchschnittlichen Ton veröffentlichen zu können. Die gute Nachricht zu Beginn: wer immer noch CDs kaufen möchte, anstatt sich die schnöde MP3-Version runterzuladen oder Streamingdienste zu nutzen, und wer in der Vergangenheit aufgrund der limitierten Stückzahlen, in denen es CDs von Silent Season ausschließlich gibt und/oder gab, immer wieder in die Röhre gucken musste, darf sich nun freuen: "Empatia" ist wenigstens in Einzelfällen und auch ein gutes dreiviertel Jahr nach der Veröffentlichung noch zu halbwegs erträglichen Preisen via Discogs aus dem benachbarten europäischen Ausland zu beziehen. Und die guten Nachrichten gehen weiter: für "Empatia" wäre es auch angemessen, ungnädigen Blutsaugern seine kompletten Ersparnisse zukommen zu lassen, denn dem Italiener Emanuele Pertoldi ist ein großer Wurf gelungen. 




Was zunächst auffällt: "Empatia" ist höllisch laut gemastert und die klangliche Fülle, die selbst bei einem signifikant in Richtung der Null zurückgedrehten Lautstärkeregler in mein Wohnzimmer gedrückt wird, ist beeindruckend und beinahe ein bisschen einschüchternd. Das alleine ist schon ein Statement, wenn sich eine derart zurückgezogene, intime Musik auf die ganz große Bühne stellt. Bei näherer Betrachtung ergibt das aber durchaus Sinn: Pertoldi knüpft mit "Empatia" ein filigranes Brückensystem zwischen Ambient, Dub Techno und elektronischer Avantgarde zusammen, und wo insgesamt mit ätherischen Schwebepartikeln, einem ruhigen Fluss von geschmackvoll austarierten Sounds und dem dramatischen Unterbau aus Naturverbundenheit, Selbstreflektion, Einkehr und dem steten Malmen an der eigenen Vergänglichkeit nicht gegeizt wird, zeigt sich die kreative Knöpfchendrehermasse besonders in den rhythmisch zumindest in dieser klanglichen Konstellation nicht alltäglichen Beats und Ideen, die dem Werk nicht nur eine ganz persönliche Aura, sondern zugleich einige, wenn auch nur kurz wahrzunehmende tanzbare Momente verleihen - und mich, wie beispielsweise bei "L'Aura Marina" (siehe das unten eingebettete Video), die Stroboskop-Anlage anknipsen lassen. "Empatia" lässt sich damit im Vergleich mit stilistisch ähnlichen Alben in den freien Raum fallen. Keine Gegenspieler. Keine natürlichen Feinde. 

Nur Musik.




Erschienen auf Silent Season, 2016.


P.S.: "Man muss im Kabarett ja immer wahnsinnig aktuell bleiben - ich kann den ersten Teil meines Programms bis zur Pause praktisch komplett wegschmeißen, wenn eines Tages die Berliner Mauer fällt."(Harald Schmidt, 1995) - das weiter oben und vor wenigen Tagen niedergeschriebene Frohlocken über die vermeintlich "halbwegs erträglichen" Preise aus dem "europäischen Ausland", die ich auf dem Plattensammler-Phantasia Discogs halluzinierte, sind für den Moment und bis auf eine Ausnahme Geschichte; wer also nach diesen warmen Worte aus Dreikommaviernullhausen nicht an sich halten kann und "Empatia" auf einer silbernen Plastikscheibe mit ein bisschen Pappe drumherum in den heimischen CD-Schrank stellen möchte, sollte sich entweder beeilen oder isst am Monatsende nur noch frische Schlachtabfälle mit rohen Zwiebeln. You decide. 

17.01.2017

2016 ° Platz 16 ° Merrin Karras - Apex




Als hätte Jean-Michel Jarre im Jahr 1978 mit Lachgas und Valium herumexperimentiert, während er im Spiegelsaal die Stroboskopanlage testete: "Apex" ist ein futuristisches Sedativum im Breitbandkinoformat, dramatisch auf die ganz große Bühne gezaubert und bis ins letzte Byte durchchoreografiert.

Die acht experimentellen Kompositionen des Wahlberliners Brendan Gregoriy bilden dabei ein perfektes Bindeglied zwischen der Berliner Schule um Künstler und Pioniere wie beispielsweise Klaus Schulze oder Manuel Göttsching und einem visionären, melodisch versierteren Ambient-Entwurf, dessen Ausprägungen im Sounddesign und in seinen Arrangements sowohl komplexer als auch bildhafter sind. "Apex" baut die Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft.

Und darüber hinaus sieht es mit dem wunderbar gestalteten Coverartwork und den beiden türkisfarbenen Vinylscheiben auch noch ganz ausgezeichnet aus.





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Erschienen auf A Strangely Isolated Place, 2016.

14.01.2017

2016 ° Platz 17 ° De La Soul - ...And The Anonymous Nobody




Das neue Album der alten, weisen Männer von De La Soul ist gleichzeitig das erste, das ich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht nur bewusst wahrnehme, sondern dem ich auch erstmals aktiv entgegenfieberte. Es ist daher auch ein gutes Beispiel dafür, wie sich meine Hörgewohnheiten und mein Musikgeschmack in den letzten 15 Jahren veränderten. Als "The Grind Date" im Jahr 2004 erschien, war ich noch zu sehr damit beschäftigt, mir den vor sich hin schimmelnden Rock'n'Roll aus den Klamotten zu klopfen, vornehmlich mit der damals aufkommenden neuen Welle der britischen Indiebands wie Hard-Fi, Franz Ferdinand oder den Dead 60's oder auch mit den Postrockern wie Mono, Tarentel und Explosions In The Sky. In Sachen Hip Hop war ich noch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt, weil mich Vorurteile und die eigenen Erfahrungen aus vergangenen Zeiten einen größtmöglichen Abstand einnehmen ließen. Noch heute könnte ich angesichts der Niggaz'n'Bitches-Kultur aus dem US Hip Hop-Mainstream einerseits und ganz besonders der deutschen Hip Hop-Szene meilenweit alles vollkotzen, aber ich habe gleichfalls wegen dieser Extreme gelernt zu differenzieren. Und das hat ganz gut geklappt. De La Soul haben trotz ihrer zwölfjährigen Abwesenheit kräftig dabei mitgeholfen, die Tür zu öffnen: ihr intelligenter, manchmal provokanter Ansatz, die eigene Komfortzone nebst deren Bewohnern herauszufordern, ganz besonders in Verbindung mit ungeahnter Musikalität und Kreativität, haben mich dazu gebracht, die Ohren zu spitzen und die eigene Bewertungsmatrix neu zu justieren. Vielleicht sind sie deshalb für mich die wichtigste Hip Hop Band aller Zeiten.

Ihr mit einer überaus erfolgreichen Kickstarter-Kampagne zum Leben erwecktes Comeback mit "...And The Anonymous Nobody" ist in seiner ruhigen, überlegten Gestaltung, sowohl musikalisch als auch textlich, eine Überraschung - und betrachtet man ihre Karriere etwas genauer, ist es paradoxerweise genau das, was zu erwarten war. De La Soul haben sich niemals wiederholt, sie sind nie den einfachen Weg gegangen, sie haben sich immer wieder neu erfunden. Und sie hatten in jeder Phase immer ein außerordentliches Gespür für die zu ihnen passende Ästhetik: nie plump, immer durchdacht, immer geschmackvoll und mit einem Augenzwinkern, nicht zuletzt für und über sich selbst. 

Die Rhythm Roots Allstars aus Los Angeles sind die "Fleisch & Blut" Backing Band auf "...And The Anonymous Nobody", die in voller Liveband-Orchestrierung mit echten Drums, echtem Bass und echter Gitarre für einen perfekt austarierten Klang sorgt, Gaststars wie David Byrne, Usher, Jill Scott, Snoop Dogg, Damon Albarn, Pete Rock und Justin Hawkins (ja, DER Justin Hawkins) fächern die Klangpalette für Ihre Songs weiter auf und rotieren zwischen R'n'B Slowmo-Fegern ("Greyhounds"), poppigen Dancefloor-Moves ("Pain"), Weirdo-Indie ("Snoopies") und oh fuck, es stimmt wirklich: orchestraler Rockoper in "Lord Intended" - und PoS und Plug 1 halten mit ihren Raps den Laden im größtmöglichen und weitläufigsten Hip Hop-Korsett. Das beeindruckendste Statement von "...And The Anonymous Nobody" ist indes seine überdeutliche Elder-Statesman-Aura, die sich nicht in ausgeflippt funkelnden Gaspedalorgien, sondern in Stimmung, Eleganz und Stil zeigt: wie man im Hip Hop in Würde altert, und dabei immer noch relevant ist, weil man auch nach der x-ten künstlerischen Häutung und folgender Neuausrichtung Glaubwürdigkeit, Anspruch und Überzeugung miteinander vereint. 

Nicht nur, aber vor allem vor diesem Hintergrund, ist das eine große Platte. 






Erschienen auf AOI Records, 2016.


10.01.2017

2016 ° Platz 18 ° Qluster - Echtzeit




Manchmal erlebe ich mit diesem Blog echte Überraschungen. Seit über neun Jahren schreibe ich hier über den Kessel Buntes in meiner Plattensammlung, der so kohärent wie der Inhalt eines explodierten Aktenvernichters ist, und wenn der weltbeste Leser aus dieser Einlassung eine gewisse Zufriedenheit herauslesen mag, dann liest er richtig: erstens sind neun Jahre eine ganz schön lange Zeit, und es gab dennoch nur ganz wenige Momente, in denen ich den Sinn hinter all dem mit einem Achselzucken und dem Gedanken an eine Liquidierung des Blogs hinterfragen und quittieren wollte. Zweitens ist es einer wie auch immer gearteten, aber zumindest engeren Leserbindung ziemlich bis sehr abträglich, an einem Tag etwas über Justin Timberlake zu lesen und vierundzwanzig Stunden später den virtuellen Kniefall vor einer asozialen Thrash Metal Band mit Texten wie "I teach you a lesson in violence" zu bestaunen - und trotzdem sehe ich keinen Grund, daran etwas zu ändern. Hier ist mein musikalisches Leben zu finden, und ich genieße auch heute immer noch die enge Auseinandersetzung mit den vorgestellten Platten - vor allem, weil es mich vor dem endgültigen Versumpfen in Lohnarbeit und der damit verbundenen Aufzucht eines veritablen Burn-Out-Syndroms bewahrt. Weshalb es mich gleichfalls und nach wie vor nicht über Gebühr belastet, dass die Leserschaft auch nach neun Jahren sehr übersichtlich ist. 

Und doch gibt es Momente, die jene sorgfältig konstruierte und eben erklärte Luftblase, dass also sowieso niemand den Krempel liest und ich fröhlich, unaufgeregt und vor allem: vermeintlich unbeobachtet meine Kreise ziehen darf, zum Platzen bringen. 

Kurz nachdem ich meinen ersten Erfahrungsbericht zu Qlusters neuem Album "Echtzeit" veröffentlichte und mich darin über die nicht ganz perfekt gelungene, weil an manchen Stellen kratzende Vinylversion beklagte, erreichte mich tatsächlich eine Email von Qluster-Mitglied Onnen Bock, in der er sich einerseits für die warmen Worte bedankte, andererseits aber auch sein Bedauern über den Zustand meiner Schallplatte ausdrückte - und mir anbot, ein neues Exemplar aus der zweiten Auflage auf den Weg Richtung Last Exit Sossenheim zu schicken. Ich war zunächst für vier Tage "star struck" und beinahe in Schockstarre, bevor ich mich traute, zu antworten. Konnte ich das annehmen? Dass der Mann mir kleinem Blog-Pimpf einfach eine neue Platte zuschickt? Auch noch geschenkt? Soll ich sie ihm bezahlen? Oder wenigstens des Versand übernehmen? Das geht doch so nicht, der kann doch nicht einfach.....doch, er konnte: eine Woche später hielt ich das neue Exemplar in meinen Händen. Das Exemplar einer Platte, deren Musik so kontemplativ, überlegt, suchend und vor allem in den scheuen, aber dennoch kräftig auftrumpfenden melodischen Momentaufnahmen so prägnant ist, dass sie zu den meist gehörten Alben des Jahres zählt. Und zu den besten sowieso.

Vielen Dank, Qluster.
Vielen Dank, Onnen.
Und die neue Platte klingt wirklich besser. 




Erschienen auf Bureau B, 2016.


07.01.2017

2016 ° Platz 19 ° Marsen Jules - Shadows In Time




"Shadows In Time" ist eines der inspirierendsten Alben des Jahres. Ein Spiel mit Raum und Zeit, mit Vergänglichkeit, mit dem Hier und Jetzt. Es ist gleichzeitig ein Versuch, sich der Unendlichkeit zu nähern, indem es die Utopie ihrer Darstellung ankratzt. Die Sichtbarkeit des Unsichtbaren.

Über dreihundert unterschiedliche Versionen existieren von "Shadows In Time", und jede Verschiebung und Veränderung im Millisekundenbereich erschafft ein neues Bild, eine neue Zeit, ein neues Leben. Ein mächtiger Illusionist, der, dem Licht nicht unähnlich, jene Räume auf- und erschließt, deren Existenz vielleicht nur in mathematischen und physikalischen Formeln bestehen, die sich hier aber plötzlich materialisieren - und das in jedem einzelnen Moment. Diese Idee des Ganzen, der Verbundenheit mit dem Kosmos, fesselte mich immer wieder an diese Musik.

Ich schrieb vor wenigen Wochen über "Shadows In Time", dass die Vorstellung der kosmischen Verbundenheit ein befreiender und tröstender Gedanke sei, und die teils über Stunden und in Endlosschleife andauernde Auseinandersetzung mit "Shadows In Time", sei es das bewusste Erleben eines Moments im aktiven Hören oder auch die Gedanken und die Reflektion um das eigene Leben und darüber hinaus, war ganz besonders in den nachdenklichen Stunden eine große Stütze für mich.





Erschienen auf Oktaf, 2016.

05.01.2017

2016 ° Platz 20 ° Docetism - Secondary Succession



Wie an anderer Stelle dieses Blogs schon mehrfach betont, sollten wirklich herausragende Dub Techno Alben mit Leidenschaft und Euphorie gefeiert werden, denn sie sind selten. Neben den bekannten großen Namen der Szene, beispielsweise das kanadische Label Silent Season oder die Echospace-Gruppe um Rod Modell und Stephen Hitchell, ist das Angebot zwar nicht gerade klein - um Momente endloser Glückseligkeit zu finden, bedarf es einiger Ausdauer sowie ein gut ausgeprägtes Gespür für das Besondere. 

Docetism ist mit seinem introvertierten "Secondary Succession" ein solch besonderes Werk gelungen. Es sind die romantischen Bilder, die mein Herz öffnen wie ein Tröpfchen Wasser die Rose von Jericho: Tiefe Wälder, unberührte Flüsse, Vogelgezwitscher, das Knacken von heruntergefallenen Ästen, der aufsteigende Dunst nach einem Regenguss. Wie sich Natur das Leben zurückholt und -erobert. Und es ist das Gefühl, an die Hand genommen zu werden, um Schönheit, Ruhe und das Wunder des Lebens zu erfahren. Das war, in a nutshell, der rote Faden meines Lebens in den letzten zwölf Monaten. Ein Versuch der selbstbewussten Reflektion auf das eigene Ich. 

Wer bin ich eigentlich? Was mache ich hier? Und warum ist alles viel zu schnell vorbei? 


Bäume sind Heiligtümer. Wer mit ihnen zu sprechen, wer ihnen zuzuhören weiß, der erfährt die Wahrheit. (Hermann Hesse) 




Erschienen auf Nichts, 2016.

02.01.2017

2016 - Music Heals Eben Doch



Das vermutlich als "Superscheißjahr" (Herr Dreikommaviernull) in die Menschheitsgeschichte eingehende Jahr 2016 war tatsächlich in vielen Bereichen jener Bewertung durchaus gewachsen; die vielen verstorbenen Prominenten haben andere schon trillionenfach aufgezählt und mir damit die Arbeit und Euch die Langeweile abgenommen - wobei: Roger war echt hart -, die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten, der Ausstieg des Vereinten Königreichs aus der Europäischen Union, die vielen sackgesichtigen deutschen Kartoffeln, die sowohl physisch als auch psychisch Jagd auf Flüchtlinge machen, der europäische Rechtsruck, Mineralöl im Veggieschnitzel, die SPD ist immer noch nicht aufgelöst und Bill Hicks ist immer noch tot - ich könnte locker bis in den Frühling weitermachen.

Aus persönlicher Sicht ist sicherlich der plötzliche Tod unserer Katze "Kleini" im August als DER Tiefpunkt des Jahres zu erwähnen. Mit den Auswirkungen haben die Herzallerliebste und ich immer noch zu tun, und sei es nur, nahezu jeden Tag von unserem Kater daran erinnert zu werden, dass er sie ganz schrecklich vermisst und sein Leben nun ein anderes ist. Kleinis Tochter Tiffy, seit dem Jahr 2000 in der Obhut meiner Mutter, ging einen Tag vor Silvester und beschloss damit 2016 und wenigstens in dieser Hinsicht würdig i.S.v. "Fuck You!".



Kleini (links, 1999 - 2016) und Schnuffel


Abgesehen von all dem oben ausgebreiteten Quatsch, der einem den Kopf verklebt, war 2016 vor allem vollgestopft mit wunderbaren Momenten und tollen Erlebnissen. Und erstaunlicherweise mit der Erkenntnis, vielleicht endlich in der Arbeitswelt angekommen zu sein. Das kann im Normalfall nach 18 Jahren auch fast erwartet werden, aber ich fürchte, ich bin kein Normalfall: noch immer schaue ich mit dreiviertel Skepsis und vierviertel Überraschung auf das, was andere Karriere nennen und was mir diesbezüglich vor allem in den letzten 13 Jahren passiert ist. Seit meinem im Jahr 2015 vollzogenen Wechsel fühle ich mich im nun nicht mehr ganz so neuen Job indes so wohl wie vermutlich an noch keiner Stelle zuvor. Das ist wirklich ein ganz merkwürdiges Gefühl - ein gutes zwar, aber auch in Teilen ein überwältigendes.

Überwältigend waren auch die im Jahr 2016 besuchten Konzerte. Es waren nicht viele, zugegeben, und ich bin mittlerweile auch alles andere als ein Freund von Liveshows, aber Chris Cornell in Hamburg, Sacred Reich in Aschaffenburg, Monophonics in Wiesbaden, Gogo Penguin in Offenbach und New Model Army in Stuttgart sorgten allesamt für eine körperlich spürbare Überdosis Endorphine im Blutkreislauf. In diesen Momenten war wirklich und ausnahmsweise mal einfach alles gut und meine Lebenslust-Skala war nicht zuletzt wegen dieser Erlebnisse auch außerhalb des Konzertsaals immer öfter im sattgrünen Bereich. Music heals eben doch.

Wenn sie dann auch noch selbst erdacht und gespielt wird, gibt's manchmal sogar noch einen Nachschlag: unsere immer noch ziemlich kleine und nur sehr langsam wachsende Lieblingspunkband Blank When Zero hat eine neue Platte gemacht, dafür fast ein ganzes Jahr benötigt und ist nach sieben Jahren gemeinsamen Musikzierens doch tatsächlich im Keep It A Secret Labelhafen eingelaufen. Was es über "Taped!" zu sagen gab, könnt ihr hier nochmal nachlesen.

Kommen wir abschließend zu dem, was hier in den nächsten Monaten (sic!) zu lesen sein wird: die zwanzig besten Platten des Jahres 2016. Um sicher zu gehen, dass ich auch in diesem Jahr die bewährte Jammerei über zu viele tolle Musik unterbringe, habe ich extra nochmal in dem entsprechenden Intro zur Listenwahn-Sause des vergangenen Jahres reingeschaut:

2015 war darüber hinaus an musikalischer Front erneut ein großer Spaß - was die Auswahl der nachkommenden besten 20 Alben des Jahres zu einem bösen Drama werden ließ. Was auch immer wieder die alte Leier ist, je sais, mais non: DIESES MAL war's WIRKLICH UNERTRÄGLICH und die SCHMERZEN, die ein oder andere Platte draußen VOR DER TÜR, IM KALTEN Großstadtdschungel Sossenheims (SOSSENHEIM!) stehen zu lassen, waren größer ALS "sonst". Immerhin war die Top5 schon ab Juni in Stein gemeißelt. Muss man auch erstmal schaffen.


Was man auch schaffen muss: es für's Jahr 2016 exakt genau so nochmal in den Blog wuchten:

2016 war darüber hinaus an musikalischer Front erneut ein großer Spaß - was die Auswahl der nachkommenden besten 20 Alben des Jahres zu einem bösen Drama werden ließ. Was auch immer wieder die alte Leier ist, je sais, mais non: DIESES MAL war's WIRKLICH UNERTRÄGLICH und die SCHMERZEN, die ein oder andere Platte draußen VOR DER TÜR, IM KALTEN Großstadtdschungel Sossenheims (SOSSENHEIM!) stehen zu lassen, waren größer ALS "sonst". Immerhin war die Top5 schon ab Juni in Stein gemeißelt. Muss man auch erstmal schaffen.

Um es mit Mutti zu sagen: Wir schaffen das jetzt gemeinsam.

Ich danke allen fürs Lesen und die Aufmerksamkeit.