"We just can't get the folks on board. Woodstock '94 we played for 300.000 people, and the next week on SoundScan we sold about 200 CDs." Doug Pinnick, 2006
Im Winter des Jahres 1990 entdeckte ich als 13-jähriger Backfisch das Radio für mich, genauer gesagt eine Radiosendung des Hessischen Rundfunks. Till Hofmeister moderierte jeden Sonntagabend (es war doch Sonntags, oder?) für eine volle Stunde (es war doch eine volle Stunde, o...oder waren's sogar zwei?) "HR3 - Hard'n'Heavy" und führte uns alle lange vor diesem verrückten Internet durch die aktuellen Neuerscheinungen, eine Handvoll Klassiker und durch das ein oder andere Special mit vornehmlich einheimischen Bands wie Running Wild oder Headhunter.
Ein Mal im Monat gab es den spannenden Hörercharts-Countdown; hier machten dann praktisch die Hörer mittels der Einsendungen ihrer 10 liebsten Alben das Programm. Im Rahmen eines solchen Countdowns fand meine erste Begegnung mit King's X statt: auf Platz 13 (es war doch Platz 13, oder?) stand in diesem Monat deren aktuelles "Faith, Hope & Love"-Album, und ich hörte Till zu:"Jetzt kommen wir zu meinen Lieblingen, und ihr werdet sie auch noch alle lieben, ich sage es euch. Hier sind King's X mit "The Fine Art Of Friendship". Ich zeichnete damals jede Sendung auf Tape auf, damit sich meine Mutter auf der täglichen Autofahrt zum Sport mit den neuesten Veröffentlichungen vertraut machen konnte - also all dem, was sie früher oder später sowieso aus dem Kinderzimmer hören würde. Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich "The Fine Art Of Friendship" anfangs alles andere als berauschend fand. King's X hatten allerdings damals durchaus das Image, nach dem man ihrer Musik Zeit und ein paar Durchläufe zugestehen muss, bis der Groschen fällt, und dass man aber in diesem eintretenden Fall unsterblich und bis über beide Ohren in die Musik des Trios verliebt sein wird.
Es dauerte keine zwei Wochen und ich kaufte mir von den letzten Ersparnissen "Faith, Hope & Love".
Meine Liebe zu King's X fand mit der Veröffentlichung des 1994er Albums "Dogman" ihren vorläufigen Höhepunkt. Das Trio klang härter und kompakter als jemals zuvor, und es war vor allem die Produktion, die für reihenweise heruntergeklappte Kinnladen sorgte. Die Gitarren waren tiefer gestimmt und auf diesem dunkler eingefärbten Klangteppich platzierte Gitarrist Ty Tabor einige der fettesten Riffs aller Zeiten. Der Titeltrack wurde zu einem einem kleinen Hit und nachdem sich die Vorgängeralben alle gut bis sehr gut verkauften, stand die Tür zum großen Erfolg in einer durch Grunge und Alternative veränderten Musikwelt sperrangelweit offen. Bei der Wiederauflage des Woodstock-Festivals im Jahr 1994 spielten King's X vor 300000 Menschen. MTV, Howard Stern und USA Today verbreiteten übereinstimmend die Meldung, dass die Band den großartigsten Auftritt des gesamten Tages auf das Parkett legte. In der kommenden Woche nach dem Festival verriet ein Blick auf die Verkaufszahlen von "Dogman", dass lumpige 200 Exemplare über die Ladentheke wanderten. "Dogman" verkaufte sich insgesamt im Vergleich zu den Vorgängern weniger gut. Der Druck nahm zu, das Label wollte endlich einen Mainstream-Hit. Die erste Headlinertournee durch Deutschland wurde zwei Wochen vor Tourneestart ersatzlos abgesagt. Alles wieder auf Null.
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Im Rahmen der Welttournee im Vorprogramm von AC/DC im Jahr 1990 spielten King's X erstmals in Deutschland. Die Tour endete desaströs. Dass die sturen und konservativen AC/DC-Fans die Band nicht mit offenen Armen empfangen würde, war abzusehen, dass dem Trio ein derartiger Hass entgegenschlagen sollte, hatte niemand auf dem Zettel. Als Höhepunkt der Geschmacklosigkeiten wurden King's X beim Auftritt in der Frankfurter Festhalle von den Zuschauern mit Klobürsten beworfen. In der Folge (und durch die Absage der "Dogman" Tour bestätigt), waren Doug Pinnick, Ty Tabor und Jerry Gaskill über 10 Jahre nicht auf deutschen Bühnen zu sehen. Im Sommer 2000 wurden die ersten Konzerte seit der AC/DC Katastrophe angekündigt und diesmal sollte es klappen. Die Batschkapp in Frankfurt war gut gefüllt und als ich mich während "Over My Head" umdrehte, um einen Eindruck von den Menschen hinter mir zu bekommen, sah ich nur eine sich im Rhythmus bewegende Masse Mensch. Der Club bebte. Als die Musiker nach "Over My Head" die Bühne verließen, sang die Batschkapp "Music music, I hear music, music, I hear music, music, music, oohoohohoooo, music over my head" minutenlang einfach alleine weiter. Die Band kam zurück auf die Bühne und stieg wieder in den Song ein. Das war ein Erlebnis von purem Glück. Als der Gig beendet war, verließ ich den Club und stammelte zur Herzallerliebsten in die Frankfurter Sommernacht "D...das ist die groovigste Band der Welt."
To be continued...
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