19.02.2012

2011 #2 - Stephan Mathieu °° A Static Place



Zugegeben, ich kann auch fast drei Jahre nach meinem etwas unwirsch und leicht verspult wirkenden Textlein über Stephan Mathieus "Radioland" noch nicht genau sagen, was da genau in mich gefahren ist. Was indes unbestritten ist: ein solcher Ausbruch kommt einem ja selbst auf diesem meinem gammligen Blogquatsch ja nicht so oft unter - und am Ende sollte es vielleicht genau das vermitteln. "Radioland" war und ist etwas ganz Besonderes, ein immer noch funkelndes Juwel des Ambient. Ich bin noch nicht hinter das Geheimnis des Mannes aus Saarbrücken gekommen, aber, und das ist das gleichfalls Tolle an seiner Musik, sie ist auch ohne technische oder gar philosophische Illuminierung hell genug, um mein Herz in Brand zu setzen.

Was für "Radioland" gilt, ist auch für "A Static Place" wahr und haftig. Es ist eine bereits ab der ersten Sekunde erstaunliche und ganz und gar einzigartige Musik. Man kann sie tatsächlich hören, diese Einzigartigkeit, schon ab dem ersten wahrnehmbaren Ton. Es mag sich albern oder gar prätentiös anhören, aber die Erfahrung, die ich mit der ersten Berührung von und mit "A Static Place" hatte, gleicht bis auf meinen Gesichtsausdruck jener bei "Radioland". Letztere hörte ich zum ersten Mal über Kopfhörer, und während der Wechsler noch das richtige CD-Fach suchte, kramte ich mit bereits aufgesetzten Kopfhörern noch im Stapel der ungehörten CD herum und sortierte, was ich als nächstes wohl gerne hören würde. Als das erste Signal von "Radioland" dann in meinen Ohren landete, ließ ich alles stehen und liegen und hielt inne. Meine Augenbrauen zogen sich nach oben. Und dann setzte ich mich in meinen berüchtigten Musiksessel und hörte nur noch zu. Für "A Static Place" ersetzen wir Kopfhörer und Sessel mit Lautsprecherboxen und Couch, den CD Stapel mit der Geißel "Internet". Der Rest bleibt gleich. Ich hörte und spätestens beim schneidenden, alles überstrahlenden Ende von "Minuet" kamen auch noch körperliche Reaktionen (Schweißausbruch) hinzu. Wenn Musik selbst über meine 15 Euro-das-Stück "teuren" Standboxen der Marke AEG (!) körperlich erfahrbar wird, weiß man, dass hier etwas ganz Besonderes passiert. Und dennoch geht es nicht ausschließlich um den Ton als solchen, es ist der Fluss und die Interaktion der übereinanderliegenden Schichten und den sich daraus emporstreckenden Harmonien, die die Auseinandersetzung mit der Musik Mathieus so wertvoll machen. Seine Kompositionen sind trotz ihrer Komplexität und ihrer zeitlichen Länge immer überschaubar; der Schritt zurück, der den Blick auf das ganze Bild zulässt, ist jederzeit eine Option. Und selbst hier ist mehr als nur ein einziger Farbauftrag zu entdecken: es ist, als nehme man selbst die feinstofflichen Anteile des Klangs und des sich daraus zum Leben entwickelnden Lichts in sich auf.

Erschienen auf 12k, 2011.

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